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Atomenergie in außereuropäischen Ländern > Brasilien > Angra (Brasilien)

2 Druckwasserreaktoren • Leistung: 640 MW/1.350 MW • Typ: 2-loop WE/PRE KONVOI •
Hersteller: Westinghouse/KWU • Baubeginn: 1. Mai 1971/1. Januar 1976 •
Inbetriebnahme 13. März 1982/14. Juli 2000 • [1][2] Abschaltung: offen


Risikoreaktoren Angra-1 und -2

Angra dos Reis - usinas nucleares

AKW Angra (Brasilien)

In Itaoma bei Angro dos Reis erzeugen derzeit zwei Druckwasserreaktoren mit 640 und 1.350 MW (Angra-1 und 2) Strom, die 1982 und 2000 in Betrieb gegangen sind. Angra-2 ging erst 2000 ans Netz, weil die Bauarbeiten zwischen 1986 und 1996 ausgesetzt waren. Er ist nun der leistungsstärkste Reaktor der südlichen Hemisphäre. Ein dritter Meiler mit 1.405 MW ist seit 2010 im Bau. Eigentümer und Betreiber der Anlage ist die brasilianische Gesellschaft Eletrobras Electronuclear S.A.[1][3] Hersteller von Angra-1 war Westinghouse, von Angra-2 KWU.[2]

Der Standort des Atomkraftwerks wird aufgrund Kilometer breiter und tiefer Verwerfungen als geologisch gefährdet angesehen[4] und ist auch deswegen hochriskant, da sich häufig Schlammmassen von der Hügeln lösen, die die Straßen unpassierbar machen. Schon bei Baubeginn von Angra-2 war der Untergrund abgesackt. Die Abklingbecken für abgebrannte Brennstäbe lagen nur 100 Meter vom Meeresstrand entfernt. Am 28. Mai 2001 liefen aufgrund eines Störfalls, der Monate lang geheimgehalten wurde, 22.000 Liter radioaktiven Wassers in den Atlantik.[5]

2009 wurden wegen eines Bedienungsfehlers drei Arbeiter leicht kontaminiert.[6] Im Juli 2013 wurde Angra-1 wegen eines Fehlers im elektronischen System zur Prüfung der Kapazität mehrere Tage vom Netz genommen.[7]

Die Notfall- und Evakuierungspläne weisen große Mängel auf. Der Betrieb lief ein Jahrzehnt nur mit provisorischen Lizenzen und ohne dauerhafte Genehmigung. Diese wurde erst 2011 erteilt.[8]

30 Jahre alte Bauteile für Angra-3

Flyover_of_Angra_3_NPP_construction_site

Flyover of Angra 3 NPP construction site

(hochgeladen in YouTube am 8. November 2013)

1975 war bei der KWU (Deutschland) eine dritte Einheit mit einem 1.309-MW- Druckwasserreaktor bestellt worden, die 1984 in Betrieb gehen sollte. Mit den Bauarbeiten wurde 1981 begonnen, diese wurden jedoch im Juni 1991 offiziell aufgegeben.[2]

Im Juli 2007 kündigte der damalige Präsident Lula jedoch an, das Neubauprojekt Angra-3 vollenden und darüber hinaus weitere AKW bauen zu wollen.[9] Auch die nachfolgende brasilianische Präsidentin, Dilma Rousseff, befürwortete den Bau des Atomkraftwerks Angra-3, weil nur so eine beständige Energieversorgung zur Verfügung stünde und der Strompreis gesenkt werden könne. Die Bauarbeiten wurden im Juni 2010 wiederaufgenommen und werden durch den Allianz-Konzern versichert. Das AKW soll aus Bauteilen von Siemens montiert werden, die seit 1984 in Brasilien lagern. Angra-3, so die Planung, sollte 2016 in Betrieb gehen. Umweltschützer kritisieren, dass es am Standort häufig zu Erdrutschen kommt und das AKW aufgrund seiner Lage Flutwellen schutzlos ausgeliefert ist. Darüber hinaus ist die Entsorgung des Atommülls nicht geklärt.[10]

2012 legte Greenpeace eine Analyse mit dem Ergebnis vor, dass bei Angra-3 keine Lehren aus Fukushima gezogen wurden und der brasilianische Reaktor wegen potenzieller Ereignisse wie Naturkatastrophen, Brände, Explosionen, Terroranschläge oder Flugzeugabstürze Ausgangspunkt einer nuklearen Katastrophe werden könne.[11]

Die deutsche Bundesregierung, die ursprünglich Angra-3 durch eine Hermes-Bürgschaft absichern wollte, hat ihre Absicht 2013 revidiert. Das Geld möchte Brasilien nun anderswo in Südamerika beschaffen.[12]

Im November 2013 erhielt AREVA den Zuschlag für die Fertigstellung von Angra-3. Die staatliche brasilianische Energieversorgerin Eletrobras Eletronuclear SA und der französische Konzern schlossen einen Vertrag mit einem Volumen von 1,25 Mrd. Euro ab.[13]

Korruptionsskandal, Verspätungen, finanzielle Verluste

Am 30. Juli 2015 wurde über einen Korruptionsskandal im Zusammenhang mit Angra-3 berichtet. Der Präsident des Staatsunternehmens Eletronuclear, Othon Luiz Pinheiro da Silva, soll 2009 bis 2014 für die Vergabe von Bauaufträgen Schmiergelder in Höhe von umgerechnet 1,2 Millionen Euro angenommen haben.[14]

Mittlerweile wird das Jahr 2019 für eine mögliche Inbetriebnahme von Angra-3 genannt – eine Verspätung von drei Jahren.[15]

Im dritten Quartal 2015 meldete Brasiliens Stromkonzern Elektrobras hohe Verluste, da sich u.a. die wichtigsten Vertragspartner aus ihren Verträgen zum Bau von Angra-3 zurückzogen.[16]

→ Eletrobras: Eletronuclear (Informationen des Betreibers)

(Letzte Änderung: 17.08.2018)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IAEO: PRIS - Country Statistics/Brazil abgerufen am 28. Juni 2014
  2. 2,0 2,1 2,2 IAEO: LES CENTRALES NUCLEAIRES DANS LE MONDE von 1997 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „ELECNUC“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  3. Eletrobras: Eletronuclear abgerufen am 30. Juli 2014
  4. DER SPIEGEL 1/1988: Lustgewinn wie auf einem Nagelbrett vom 4. Januar 1988
  5. Sascha Adamek: Die Atomlüge. Heyne, München 2011, S. 130f.
  6. Handelsblatt: Störfall in Brasiliens AKW - Drei Mitarbeiter leicht kontaminiert vom 28. Mai 2009
  7. SeeNews Energy: Brazil Angra 1 NPP resumes operation after 4-day disconnection vom 10. Juli 2013
  8. FR Online: Brasiliens strahlende Zukunft vom 7. Januar 2014
  9. Zeit Online: Brasilien rüstet auf vom 11. Juli 2007
  10. Handelsblatt: Energiepolitik in Brasilien - Ein Atomkraftwerk aus der Kiste vom 4. Februar 2013
  11. Greenpeace: Ist eine nukleare Katastrophe im Atomkraftwerk Angra 3 möglich? vom 28. Februar 2012
  12. Spiegel Online: Umstrittene Bürgschaften: Regierung will AKW-Bau im Ausland weiter fördern vom 19. Januar 2013
  13. nuklearforum.ch: Areva: Zuschlag für Fertigstellung von Angra-3 vom 12. November 2013
  14. Focus Online: Akw-Korruptionsskandal erschüttert Brasilien vom 30. Juli 2015
  15. BrasilNews: Brasilien nimmt Pläne für Atomenergie wieder auf vom 18. Juni 2015
  16. CNBC: Eletrobras posts 3rd-quarter loss on Angra 3 nuclear plant impairment vom 12. November 2015
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