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Atomenergie in Europa > Österreich > Zwentendorf (Österreich)

Siedewasserreaktor • Leistung: 724 MW • Hersteller: Siemens/KWU •
Baubeginn: 1972 • Geplante Inbetriebnahme: 1976 • Projektende: Dezember 1978[1]


Baubeginn 1972

Zwentendorf Atomerőmű 2011-07-19

Atomkraftwerk Zwentendorf

In den 1970er Jahren sollten in Österreich mehrere Atomkraftwerke errichtet werden, von denen aber nur die Anlage Zwentendorf in Bau ging. Sie befindet sich in der gleichnamigen niederösterreichischen Gemeinde an der Donau im Bezirk Tulln, östlich von Krems und nordwestlich der Hauptstadt Wien.[2]

Nachdem in der österreichischen Energiewirtschaft 1967 der Beschluss gefallen war, ein Atomkraftwerk zu bauen, wurde im November 1968 Zwentendorf als Standort ausgewählt.[3] Am 11. November 1969 genehmigte der Ministerrat den Bau der Anlage, deren Fertigstellung für 1975 geplant war. Die Kosten wurden auf 3,5 Mrd. Schilling geschätzt.[4] Am 4. April 1972 erfolgte der "erste Spatenstich".[5] Der Siedewasserreaktor sollte eine Leistung von 724 MW besitzen und wurde durch Siemens und KWU erbaut.[1]

Am 16. April 1972, kurz nach Baubeginn, ereignete sich nach Informationen der Umweltschutzorganisation "Global 2000" ein starkes Erdbeben mit der Stärke 5,3 auf der Richterskala. Das AKW wurde so stark beschädigt, dass die Grundmauern abgerissen und noch einmal neu aufgebaut werden mussten.[6]

Widerstände aus Bevölkerung und Politik

1975 war die "Initiative Österreichischer Atomkraftwerksgegner" gegründet worden. Obwohl im März 1977 Demonstrationen in Wien, Graz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt und diverse Symposien stattfanden, sprach sich die Regierung am 6. Juni noch für die Nutzung der Atomenergie aus, und das Gesundheitsministerium bewilligte die Lagerung von Brennelementen in Zwentendorf, die am 18. Januar 1978 angeliefert wurden. Nachdem die ÖVP im Februar 1978 Zwentendorf wegen unzureichender Sicherheitsbestimmungen als Standort abgelehnt hatte, musste die SPÖ unter Bruno Kreisky fürchten, keine Mehrheit im Parlament zu erhalten. Die Regierung beschloss dennoch ein Gesetz zur friedlichen Nutzung der Atomkraft, das am 6. Juli durch den Ministerrat abgelehnt wurde. Die Entscheidung des Ministerrats wurde einen Tag später durch das Parlament wieder aufgehoben. Am 13. September ordnete Bundespräsident Kirchschläger eine Volksabstimmung zum Gesetzesbeschluss an.[3]

Baustopp nach Volksabstimmung 1978

AKW Zwentendorf inside 1

AKW Zwentendorf, Unterseite des Reaktordruckbehälters

Am 5. November 1978 wurde in Österreich die Volksabstimmung mit folgender Frage abgehalten: "Soll der Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom 7. Juli 1978 über die friedliche Nutzung der Kernenergie in Österreich (Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf) Gesetzeskraft erlangen?" Eine knappe Mehrheit von 50,5 % entschied sich dagegen, das Atomkraftwerk Zwentendorf in Betrieb zu nehmen – eine große Enttäuschung für die SPÖ.[7][8]

Einer der Gründe für die Ablehnung war, dass Konstruktionsmängel am Reaktorsicherheitsbehälter festgestellt worden waren: Es befanden sich Schweißnähte an Stellen, die besonders starker Belastung ausgesetzt gewesen wären. Wäre der Druckbehälter deswegen zerbrochen, hätte sich ein katastrophaler Atomunfall ereignen können.[9]

Den Spitzenplatz bei der Volksabstimmung nahm unter allen Bundesländern Vorarlberg mit 84,4 % Nein-Stimmen ein.[8] Die Vorarlberger hatten schon vier Jahre zuvor das geplante → AKW Rüthi (Schweiz) in einer Umfrage abgelehnt.

Die Vorgehensweise, erst ein AKW zu bauen und später danach zu fragen, was damit geschehen sollte, hatte sich als großer Fehler herausgestellt. Am 9. November 1978 wurde zwar die Einstellung der Bauarbeiten beschlossen, das Atomkraftwerk aber noch Jahre lange in Bereitschaft gehalten. Erst am 27. März 1985 entschied man sich für die "stille Liquidation" der Anlage.[3]

Bis 1985 hatte das AKW Zwentendorf umgerechnet eine Mrd. Euro Kosten verursacht. 2005 wurde es von der Energieversorgung Niederösterreich (EVN) erworben, die 2009 auf dem Dach eine Photovoltaikanlage baute. "Somit ist Zwentendorf das einzige Atomkraftwerk der Welt, das ökologische Energie erzeugt." 2012 und 2013 fanden auf dem Gelände die "Tomorrow Festivals" statt, Musikfestivals der Anti-Atom-Bewegung.[10] Die EVN, die das AKW vermarktet, bietet auch Führungen an.[11] 2010 segnete der Abt einer Zisterzienserabtei das Atomkraftwerk bei einem Besuch.[12]

2012 diente die Anlage als Kulisse für den Film "RZ2 – GRAND CENTRAL".[13]

Weitere Links

→ DER SPIEGEL 46/1978: Sieg der Fackeln über das Atomzeitalter vom 12. November 1978
→ Zeit Online: Ein Reaktor, der nicht spaltet vom 18. November 2010
→ IAEO PRIS: ZWENTENDORF abgerufen am 4. Juli 2011 (via WayBack)

Fernsehbeiträge

Die Akte Zwentendorf (ORF 2, Dokumentation aus dem Jahr 2008)
Die_Akte_Zwentendorf_1_von_4

Die Akte Zwentendorf 1 von 4

Die_Akte_Zwentendorf_2_von_4

Die Akte Zwentendorf 2 von 4

Die_Akte_Zwentendorf_3_von_4

Die Akte Zwentendorf 3 von 4

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Die Akte Zwentendorf 4 von 4





(Letzte Änderung: 15.07.2022)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IAEO: LES CENTRALES NUCLEAIRES DANS LE MONDE (S. 64, Tullnerfeld) von 1997
  2. EVN: AKW Zwentendorf abgerufen am 15. Juli 2022
  3. 3,0 3,1 3,2 Demokratiezentrum Wien: Das Atomkraftwerk Zwentendorf: Bau, Proteste, Volksabstimmung abgerufen am 15. Juli 2022
  4. Arbeiter-Zeitung: Atomkraftwerk wird 1975 fertig vom 12. November 1969 (via WayBack)
  5. EVN: AKW Zwentendorf - Gestern abgerufen am 15. Juli 2022
  6. ots.at: 1972: Erdbeben zerstört Atomkraftwerk Zwentendorf. 2012: GLOBAL 2000 lässt Zwentendorf erneut erbeben. abgerufen am 15. Juli 2022
  7. FAZ.net: Österreich und Atomkraft - Ausstieg vor dem Einstieg vom 7. November 2013
  8. 8,0 8,1 bmi.gv.at: Volksabstimmung vom 5. November 1978 über ein Bundesgesetz zur friedlichen Nutzung der Kernenergie in Österreich (Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf) abgerufen am 22. März 2017 (via WayBack)
  9. Spiegel Online: Längere AKW-Laufzeiten: Forscher warnen vor porösen Altmeilern vom 23. September 2010
  10. NÖN: Europa ist gespalten vom 27. Oktober 2013
  11. EVN: AKW Zwentendorf - AKW als Location abgerufen am 15. Juli 2022
  12. Zeit Online: Ein Reaktor, der nicht spaltet vom 18. November 2010
  13. ORF: AKW als Kulisse für Kinospielfilm vom 13. August 2012
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