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Die Konzerne > Vattenfall

Ungeliebter Atomkonzern

Vattenfall-Solna-Headquarters

Vattenfall-Zentrale in Stockholm

Vattenfall ist ein staatseigenes schwedisches Unternehmen und der größte Energiekonzern in Nordeuropa. Das Unternehmen bereitete 1965 die Inbetriebnahme eines ersten Atomkraftwerks in Schweden vor.[1] Der Einstieg in die Atomkraft begann de facto 1970 mit der Inbetriebnahme von Oskarshamn-1. Am selben Standort sowie in Ringhals und Forsmark ließ Vattenfall weitere Reaktoren bauen.

Vattenfall hat ein schlechtes Image in Deutschland. Dies ist zum einen auf die Pannenserien mit Wasserstoffexplosionen in den Atomkraftwerken Krümmel (Schleswig-Holstein) und Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) zurückzuführen, zum anderen auf den Widerstand des Konzerns gegen den Ausstiegsbeschluss 2011 und auf die Verschleppung der Rückbaumaßnahmen bei den stillgelegten Reaktoren.

Vattenfall zieht vor Schiedsgericht in Washington

Nach einem Finanzbericht von 2011 soll Vattenfall aufgrund der Abschaltung seiner Pannen-AKW Krümmel und Brunsbüttel nach dem Ausstiegsbeschluss ein Verlust von umgerechnet 1,188 Mrd. Euro entstanden sein. Vattenfall klagt deshalb in Washington auf Schadenersatz. Vattenfall und die Bundesregierung gaben dazu keine näheren Informationen preis.[2]

Das Gericht, bei dem Vattenfall die Klage eingereicht hat, ist das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) und Teil der Weltbank. Vattenfall könnte bei erfolgreicher Klage mit hohen Summen aus dem Bundeshaushalt entschädigt werden. Attac PowerShift und Naturfreunde Deutschlands kritisierten, dass internationale Investitionsverträge Investoren wie Vattenfall Klagemöglichkeiten eröffnen, ohne Rücksicht auf politische Entscheidungen in Deutschland, wie z. B. den Atomausstieg, nehmen zu müssen.[3]

Sie dazu auch → CETA/TTIP/TPP/TiSA/Schiedsgericht

Im März 2013 erhöhte Vattenfall seine Forderungen. Der Konzern fühlt sich benachteiligt, weil er 2011 alle AKW abschalten musste, und möchte Schadenersatz in einer Höhe von 3,7 Milliarden Euro zuzüglich Verfahrenskosten erstreiten. Die Summe setzt sich aus angeblichen Investitionen in Atomkraftwerke zwischen 2002 und 2011 sowie entgangenen Stromverkäufen zusammen.[4]

Am 15. Oktober 2014 wurde bekannt, dass Vattenfall von Deutschland eine Entschädigung in Höhe von 4,7 Mrd. Euro fordert. Mit der Stilllegung seiner Atomkraftwerke seien Vermögenswerte vernichtet worden, so die Begründung.[5]

  • Geheimes Recht, Großkonzerne kippen politischen Willen
    "Die Rede ist von so genannten "Investitionsschutzabkommen". Internationale Verträge, mit denen Großkonzerne ihre Interessen gegenüber Staaten, an Gerichten vorbei, durchsetzen können. (...) Vattenfall genießt als ausländisches Unternehmen Sonderschutz. (...) Im Parallelrecht entscheidet ein drei-Personen-Schiedsgericht [sic], Widerspruch nicht mehr möglich. (...) Jetzt soll auch die große politische Richtungsentscheidung, der Atomausstieg, vor einem geheimen Schiedsgericht verhandelt werden. (...) Vattenfall fordert eine (...) "Entschädigung für die Schließung der deutschen Kraftwerke und Einrichtung eines Schiedsgerichts.""[6]
Geheimes_Recht,_Großkonzerne_kippen_politischen_Willen_ARD_Monitor_06_06_2013

Geheimes Recht, Großkonzerne kippen politischen Willen ARD Monitor 06 06 2013

ARD, Monitor vom 6. Juni 2013

Verfassungsklage

Wie RWE und E.ON hat im Juli 2012 auch Vattenfall Verfassungsklage gegen den Atomausstieg eingereicht. ""Mit seiner Klagewut entlarvt Vattenfall sich jetzt aber ein weiteres Mal als geldgieriger Konzern, dem eine klimafreundliche Energieversorgung herzlich egal ist", sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. Sollte das Unternehmen mit seinen Klagen erfolgreich sein und Milliarden schwere Zahlungen erstreiten, trägt diese letztlich der deutsche Steuerzahler. Das Geld fehlt dann für den Umbau der Energieinfrastruktur oder bei anderen wichtigen Projekten."[7]

Der Preisverfall an der Strombörse dürfte jedoch dazu führen, dass die Höhe der eingeklagten Schadensumme deutlich reduziert werden muss. Die Kosten für eine Megawattstunde sind bereits 2012 von den zugrunde gelegten 55 Euro auf 36 Euro gesunken.[8]

Vattenfall entzieht sich Haftung

Am 9. August 2012 kündigte der Konzern an, die Vattenfall Europe AG in eine Vattenfall GmbH umzuwandeln. Nach der Umwandlung ""endet automatisch der im Jahr 2008 geschlossene Beherrschungsvertrag zwischen Vattenfall Europe AG und Vattenfall AB." Damit entzieht sich der schwedische Mutterkonzern Vattenfall AB der Haftung für die deutschen Atomkraftwerke Krümmel, Brunsbüttel und Brokdorf. Somit müssen Schwedens Steuerzahler nicht mehr für die milliardenschweren Risiken einstehen, die der staatseigene Stromkonzern Vattenfall AB mit seinen Meilern eingegangen ist."[9][10]

Die Umstrukturierung wurde noch 2012 vollzogen, so dass die Haftung bei der obersten deutschen Konzerngesellschaft endet. [11] Seitdem ist die Vattenfall Deutschland eine GmbH.[12]

Kampf um Konzessionen für Energienetze

Im September 2013 entschied sich die Mehrheit der Hamburger Bürger in einem Volksentscheid, die Energienetze von Vattenfall zurückzukaufen. Der Atomkonzern denkt nicht daran, das Votum zu akzeptieren, sondern möchte die lukrative Konzession behalten. Sollte Vattenfall die Konzessionen in Hamburg und Berlin verlieren, ist ein Rückzug des Energieversorgers aus Deutschland möglich.[13]

Investitionen in Erneuerbare

Nach den anderen drei Energiekonzernen in Deutschland hat mittlerweile auch Vattenfall einen Kurswechsel in der Energiepolitik eingeleitet. Wie im November 2012 auf einer außerordentlichen Hauptversammlung in Stockholm bekanntgegeben wurde, sollen künftig Neuinvestitionen nicht mehr in Atomkraft und Kohle, sondern in erneuerbare Energien fließen.[14] Vattenfall investiert nach einer Meldung vom 11. August 2014 in großem Maßstab in erneuerbare Energien und ist weltweit nach dem dänischen Konzern Dong der zweitgrößte Betreiber von Windkraftanlagen. Nach dem Windpark "Dan Tysk" mit 80 Windrädern plant Vattenfall zusammen mit den Stadtwerken München den Bau eines weiteren Windparks "Sandpark" mit 72 Windrädern. Dieser soll ab 2017 angeschlossen werden und 288 MW Strom produzieren.[15]

Weitere Quellen

→ Vattenfall: Nuclear power at Vattenfall
→ Wikipedia: Vattenfall

(Letzte Änderung: 06.01.2017)

Einzelnachweise

  1. fundinguniverse.com: Vattenfall AB History abgerufen am 27. Juli 2014
  2. taz.de: Entschädigungen für Atomausstieg - Geheimsache Vattenfall vom 27. Juni 2012
  3. Neue Rheinische Zeitung: Schluss mit intransparenten und undemokratischen Konzern-Klagerechten! Zur Vattenfall-Klage gegen Atomausstieg vom 26. Juni 2012
  4. Berliner Zeitung: 15 Juristen gegen die Demokratie vom 23. März 2013
  5. Spiegel Online: Atomausstieg: Vattenfall verklagt Deutschland auf 4,7 Milliarden Euro vom 15. Oktober 2014
  6. DasErste.de Geheimes Parallelrecht - Wie Großkonzerne politische Entscheidungen attackieren vom 6. Juni 2013 (via WayBack)
  7. Lokal-Anzeiger: Vattenfall holt zum Doppelschlag gegen den deutschen Atomausstieg aus vom 26. Juli 2012 (via WayBack)
  8. Verivox: HB: Mögliche Schadensersatzansprüche wegen Atomausstieg sinken vom 3. September 2012
  9. Berliner Morgenpost: Energieriese Vattenfall lagert sein Atomrisiko in Berlin vom 10. August 2012
  10. Vattenfall Pressemitteilung: Vattenfall Europe AG wird Vattenfall GmbH vom 9. August 2012
  11. Handelsblatt: Vattenfall entzieht sich der Haftung für AKW vom 19. Mai 2014
  12. corporate.vattenfall.de: Vattenfall GmbH - Impressum abgerufen am 16. Mai 2015
  13. Handelsblatt: Hamburger bringen Vattenfall in Bedrängnis vom 23. September 2013
  14. Spiegel Online: Strategiewechsel: Vattenfall will nur noch auf erneuerbare Energie setzen vom 28. November 2012
  15. Welt Online: Vattenfall investiert Milliarden in Offshore-Windpark vom 11. August 2014
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